Entliebungstechnik:

Häufig bleiben wir Menschen nach einer Liebesbeziehung, die unter Umständen schon vor Jahren beendet wurde, an einem Ex-Geliebten hängen. Manchmal ist es sogar so, dass jemand hängen geblieben ist, obwohl sie sieht, dass der Ex-Partner ein Unmensch war und man eigentlich nie zusammengepasst hat. Sie empfindet sich seit der Trennung innerlich eingemauert und hat das Gefühl, dass sie ihr Herz nie mehr einem neuen Liebespartner wird öffnen können. Dieses Gefühl tritt üblicherweise nicht bei der auf, die den Anderen verlassen hat, sondern bei der, die verlassen wurde. Sie wurde, ohne dass es zu einer angemessenen Aussprache gekommen war, stehen gelassen. Sie fühlt sich auch so. Es ist ein Stehen-gelassen-sein, Sich-nicht-mehr-bewegen-können, In-eine-Starre-verfallen-sein, Eingefroren-sein. Daher ist es das Ziel dieser Entliebungstechnik aus dieser Starre heraus zu kommen, wieder in Bewegung zu kommen, wieder sich frei bewegen und frei gehen zu können.

Der Prozess sollte in einer Therapiesitzung ganz durchlaufen und zum Abschluss gebracht werden. Er dauert üblicherweise zwischen einer halben und zwei Stunden.

Er besteht aus 4 Schritten:
1. Schritt: Abschlussgespräch
2. Schritt: Verabschiedung
3. Schritt: Gehen
4. Schritt: Ankommen

Als Therapeutin sitzen Sie auf der Seite neben der Klientin. Beide blicken in dieselbe Richtung. So kann sich die Klientin auf ihre inneren Bilder konzentrieren, ohne dass sie durch einer ihr gegenüber sitzenden Therapeutin gestört wird. Auch Sie als Therapeutin können so leichter den Bildern der Klientin folgen.

(1) Ersuchen Sie als Therapeutin die Klientin, sich einen Raum auszumalen, wo sie sich mit ihrem ehemaligen Partner zu einem Abschluss- bzw. Abschiedsgespräch trifft. Sie soll diesen Raum beschreiben. Vielleicht ist es ein Gasthaus, ein Café oder die Wohnung des Partners oder ein Ort, wo sie sich in der Vergangenheit immer wieder getroffen haben. Es kann aber auch irgendein neutraler Ort sein. (Nicht sollte es aus Gründen des Therapieablaufes die gegenwärtige Wohnung der Klientin sein.) Die Klientin soll nun in allen Einzelheiten beschreiben, wo und wie sie und der Ex-Partner sitzen. Vielleicht sitzen sie einander an einem Tisch direkt oder auf einem Sofa schräg gegenüber.
Fragen Sie die Klientin, was sie in diesem Abschiedsgespräch dem Ex-Partner gerne noch sagen würde und was sie ihn gerne fragen würde. Sie soll ihn direkt ansprechen und laut sprechen: „Was würden Sie gerne Ihrem Ex-Partner zum Abschied sagen? Sagen Sie es ihm direkt und sprechen Sie laut.“ Wenn die Klientin fertig gesprochen hat, fragen Sie sie: „Und was sagt Ihr Ex-Partner drauf?“ Die Klientin soll auch die Worte, die ihr ihr Ex-Partner entgegnet, laut aussprechen. Regen Sie ein Zwiegespräch zwischen der Klientin und ihrem Ex-Partner an, indem Sie immer wieder nachfragen: „Und was sagen Sie drauf?“ - „Was antwortet Ihr Ex-Partner?“ - „Was würden Sie ihn gerne fragen?“ - „Was sagt er drauf?“ etc. Sie können auch vorsichtig Vorschläge für Fragen einbringen oder behutsam Ihre eigene Meinung zum Fortgang des Gespräches kundtun. „Ich würde ihn fragen, ob ...“ oder „Wenn ich so zuhöre, habe ich den Eindruck, er will Ihnen die wahren Gründe nicht sagen, warum er sich von Ihnen getrennt hat.“ oder „Ich an Ihrer Stelle würde wütend werden, wenn er mit mir so sprechen würde.“ Ermuntern Sie die Klientin, dem Ex-Partner alles zu sagen und ihn alles zu fragen, was ihr am Herzen liegt. Wenn das Gespräch ins Stocken gerät, achten Sie darauf, dass es nicht abbricht. Ermuntern Sie die Klientin, dass sie im Gespräch ihre Gefühle dem Ex-Partner gegenüber ausdrückt. Der Ex-Partner wird üblicherweise auf sie distanziert, verschlossen oder sogar ablehnend reagieren. Dies kann ein wichtiger Hinweis für sie sein, dass die Beziehung wirklich aus ist. Seien Sie kreativ mit Ihren Anregungen, aber achten Sie respektvoll darauf, ob sie hilfreich sind. Wenn die Klientin negativ auf einen Vorschlag reagiert, nehmen Sie ihn zurück: „Oh, das war ein Blödsinn, was ich Ihnen geraten habe, vergessen Sie meinen Vorschlag einfach!“
Wenn Sie und die Klientin das Gefühl haben, es ist alles ausgesprochen, auch wenn das Gespräch nur gezeigt hat, dass von Seiten des Ex-Partners kein Entgegenkommen sondern nur mehr Distanz da ist, gehen Sie zum nächsten Schritt über.

(2) Fordern Sie die Klientin auf, sich nun vom Ex-Partner zu verabschieden. Fragen Sie sie, wie genau sie das tun möchte. Sie will vielleicht aufstehen und ihm zum Abschied die Hand reichen oder einfach nur Lebewohl sagen. Sie soll diesen Abschied nun in der Vorstellung vollziehen. Die Verabschiedung soll kurz und schmerzlos verlaufen. „Dann stehen Sie auf … sagen Sie ihm Lebewohl … Sind Sie fertig?“

(3) Wenn sie sich verabschiedet hat, weisen Sie sie an, sich umzudrehen und fortzugehen. Sie soll einfach ständig weitergehen und Ihnen fortwährend beschreiben, wo sie sich momentan befindet und wo sie gerade vorbeigeht. „So, nun drehen Sie sich einfach um und gehen Sie weg. Gehen Sie einfach los und beschreiben Sie, wo Sie vorbeikommen.“ Weisen Sie sie an, immer weiter und weiter zu gehen. Sie wird vielleicht beschreiben, wie sie durchs Kaffeehaus Richtung Türe geht, durch die Türe ins Freie tritt und welche Straße sie entlanggeht. Das Gehen ist der wichtigste und eigentlich therapeutische Schritt in diesem Verabschiedungsprozess. Wenn die Klientin irgendwo verweilen will, gestatten Sie es, aber fordern Sie sie dennoch immer wieder auf, weiter zu gehen. Wenn sie z. B. in eine leere Kirche geht und sich hinsetzt, dort in Traurigkeit versinkt und weint, lassen Sie es zu, aber fragen Sie nach einer angemessen kurzen Verweildauer: „Geht es wieder, mögen Sie schon weitergehen?“ Wenn sie nach Hause in ihre Wohnung kommt, wird sie vielleicht wieder traurig sein und sich allein fühlen, sie wird vielleicht schlafen wollen. Ermutigen Sie sie dazu: „So, nun gehen Sie schlafen ... schlafen Sie schon? Ist es schon Nacht? Träumen Sie?“, aber fragen Sie dann: „Ist es schon Morgen? Sind Sie schon ausgeschlafen? Mögen Sie schon aufstehen und wieder weitergehen?“ Sie wird vielleicht noch duschen und die Zähne putzen wollen. Lassen Sie sie das tun, aber motivieren Sie sie dazu, aus der Wohnung zu gehen und weiter und weiter zu gehen. Wenn sie mit dem Fahrrad, dem Auto oder einem anderen Verkehrsmittel fahren will, geht es genauso in Ordnung. Sie soll auch hier beschreiben, wo sie vorbeikommt. Wenn sie sich unvermittelt in einer anderen Gegend oder in einem anderen Land befindet, lassen Sie es zu. Ermutigen Sie sie aber auch hier, einfach weiter zu gehen.

(4) Wenn Sie das Gefühl haben, sie könnte schon weit genug gegangen sein, sagen Sie: „Gehen Sie weiter, achten Sie weiter darauf, wo Sie vorbeikommen und achten Sie jetzt auch darauf, wo Sie … vielleicht … ankommen.“ Wenn die Klientin das Gefühl hat, sie ist angekommen, gleichen Sie mit Ihrer eigenen Intuition ab, ob es wohl der „richtige“ Platz ist. Es sollte ein Ort sein, wo auch andere Menschen zugegen sind. Beispiele: Beisammen mit Freundinnen im Stammlokal; zusammen mit Kolleginnen bei der Arbeit; gemeinsam mit Freundinnen auf einem Sportplatz; auf einer Parkbank im Stadtpark sitzend, wo sie den Vorbeikommenden zuschaut; zwar allein in einem Café, aber bei Kaffee und Kuchen umringt von und interessiert an den anderen Gästen. Das Kriterium ist: Sich wohlfühlen unter Menschen in einer angenehmen Umgebung, ohne sich mit den Anderen auseinandersetzen zu müssen – mit Menschen zusammen einfach nur da sein und sich dabei wohlfühlen. Lassen Sie sich Details dieses Schlussbildes beschreiben. Fordern Sie die Klientin schließlich auf, es im Gedächtnis zu bewahren und sich das Bild in den nächsten Tagen immer wieder zu vergegenwärtigen.